Datenkonsolidierung

Wir melden uns heute mal wieder (viel zu spät :)) mit einem kurzen Update. Gerade sind wir dabei die einzelnen Daten der Zeitschriften zur Materialität, Visualität und Struktur in unserer Datenbank zu überprüfen. Dabei achten wir vor allem darauf, dass diese einheitlich eingetragen sind und ergänzen zudem noch fehlende Angaben. Das ist zwar eine mühselige Arbeit, ist jedoch für das Verknüpfen der einzelnen Datensätze für die Auswertung unbedingt notwendig, denn nur so können wir aus den Ergebnissen typisierte Frames ableiten. Dafür müssen vorher auch erst noch Datenbankabfragen konzipiert werden, damit die einzelnen Daten auch richtig miteinander verbunden ausgewertet werden können. Schon bald können wir euch hoffentlich näheres über die einzelnen Frames (zuerst materielles Framing) erzählen und erste Ergebnisse präsentieren.

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Fertig, aber jetzt geht es erst richtig los!

Das hat jetzt doch ganz schön viel Zeit gekostet… Krankheitswellen zum Trotz haben wir nun unsere Datenbank bis auf ein paar kleinere Publikationen, die wir noch in Bibliotheken sichten müssen, mit über 100 Magazinen, 300 Druckausgaben und 150 Websites und Social Media-Kanälen befüllt. Damit haben wir unsere erstes Ziel erreicht und sowohl die politischen Kulturmagazine der Berliner Republik kartografiert als auch eine umfangreiche Datenbasis für unsere Analysen geschaffen.

Jetzt beginnt der weitaus spannendere Teil, denn mit den Daten wollen wir Gemeinsamkeiten, Unterschiede und Veränderungen im Lauf der Zeit nicht nur beschreiben, sondern auch typische Muster ableiten, ein paar intuitive Ergebnisse hatten wir ja hier schonmal angedeutet. Frames, narrative Strategien und intermediale Netzwerke sollen uns dann Aufschluss darüber geben, wieso die gedruckten Ausgaben trotz digitaler Möglichkeiten immer noch so wichtig sind, welche Bedeutung die Magazine für politische Gesinnungsgemeinschaften haben und ob sich hieraus Erkenntnisse zu politischer Spaltung, fiktiver Nachrichten und Filterblasen der Gegenwart ableiten lassen.

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Analyse der Podcasts politischer Kulturmagazine

Heute gibt es ein weiteres Update aus unserem Forschungsprojekt. Mit den aktuellen Entwicklungen rund um Hörmedien beschäftigen wir uns auch mit den Podcasts der politischen Kulturmagazine. Wir untersuchen diese – wie bei den Zeitschriften und den anderen digitalen Objekten auch – anhand verschiedener Kriterien wie Periodizität, Qualität, Reichweite, Stil oder Struktur. Interessant ist vor allem die Verbindung der Podcasts zu den Magazinen: Welche Funktionen erfüllen die Podcasts für das jeweilige Magazin? Sind sie Teil von politischen Debatten und wenn ja, welche Meinungen und Positionen werden vermittelt? Entstehen hierdurch Communities mit ihren Leser*innen? Aktuelle Beispiele, die wir uns gerade anhören sind die Podcasts der Magazine Blätter für deutsche und internationale Politik und Cicero:

Hier zeichnen sich bereits erste Ergebnisse ab. So ist der Aufbau und Stil der einzelnen Podcasts sehr unterschiedlich. Die meisten thematisieren vor allem die Inhalte der einzelnen Druckausgaben, der Cicero-Podcast aber lädt beispielsweise eher einzelne Gäste ein, mit denen unabhängig von den Druckausgaben über verschiedene politische Themen diskutiert wird. Nur einen Teil der Podcasts gibt es bereits über einen längeren Zeitraum, andere wurden teilweise bereits nach ein paar Folgen wieder eingestellt. Zu viel Aufwand? Zu teuer? Fehlende Expertise? Oder kein Interesse der Leser*innen? Wir arbeiten daran, das herauszufinden und halten euch auf dem Laufenden.

Erste Ergebnisse

Mit Hilfe der umfassenden Datenerfassungen zu und aus unseren politischen Kulturmagazinen haben wir uns endlich an erste Interpretationen gewagt:

Zum Einfluss von disziplinären Publikationskulturen auf Theoriebildung in den deutschsprachigen Geistes- und Sozialwissenschaften seit 1945

Für einen Workshop zu Publikationskulturen und wissenschaftlicher Theoriebildung haben wir ein Exposé für einen Beitrag eingereicht, das erfreulicherweise angenommen wurde!

Wir verorten politische Kulturmagazine dabei als Bindeglied zwischen Wissenschaftler*innen und politischen Eliten, in denen Theorien von Gesellschaft, Politik und Ökonomie thematisiert, die dortigen Akteure von ihrer Richtigkeit überzeugt, und politische Diskurse beeinflusst werden. Besonders Politolog*innen und Soziolog*innen nutzen politische Kulturmagazine, um ihren theoretischen Entwürfen Resonanz zu verschaffen und ihre eigene Reputation zu erhöhen. Wir untersuchen deshalb anhand unserer Daten, inwiefern politische Kulturmagazine und ihre zeithistorischen Ausprägungen Einfluss auf Entwicklung, Wahrnehmung und Akzeptanz theoretischer Gesellschaftsentwürfe nehmen.

Political Reading

Da die empirische Leseforschung Lesen häufig immer noch generalisiert und allgemein untersucht, haben wir unsere Daten genutzt, um politisches Lesen spezifischer abzugrenzen und als spezifische Praxis zu charakterisieren. Unser fertiger Beitrag eines praxeologischen Frameworks politischen Lesens über die exemplarische Analyse der politischen Kommunikation, Materialität und Typografie unserer Magazine befindet sich aktuell in der peer-review des Magazins On_Culture.

Körperbilder in politischen Lesepraktiken

Und schließlich haben wir noch einen Themenvorschlag für  ein Sonderheft von Literaturwissenschaft und Linguistik eingereicht, der aktuell geprüft wird:

Körperbilder in politischen Kulturmagazinen erzeugen als komplexe Zeichensysteme symbolische Bedeutungen, die in multimodalen Konfigurationen  bewusst oder unbewusst, isoliert oder kombiniert, beiläufig oder fokussiert gelesen werden. Dabei tragen sie zur Konstruktion bestimmter politischer Wirklichkeiten bei. Wir möchten die Körperbilder in politischen Kulturmagazinen daher analysieren und typisieren, herausfinden wie diese gelesen werden und wie sich dies auf politische Bedeutungskonstruktionen auswirkt.

Beispielhaft dafür stehen die Fotografien, die sich in den Ausgaben 10/2019 und 10/2015 der Zeitschrift Cicero finden:

Umzug in die Nürnberger Straße 71

Zum 24.07.23 ist das Institut für Buchwissenschaft umgezogen und unser Projekt natürlich gleich mit. Die neuen Büroräume befinden sich jetzt in der Nürnberger Straße 71, 91052 Erlangen. Neben neuen Schreibtischen und Stühlen haben wir jetzt auch größere Fenster und besseren Stauraum für unsere Zeitschriften, eine deutliche Verbesserung also! Nachdem das mit einigem Aufwand verbunden war, können wir uns jetzt wieder mit unseren Zeitschriften beschäftigen: Wir haben begonnen die ersten Medienframes der einzelnen Magazine zu beschreiben und werden euch bald einige erste Ergebnisse vorstellen!

Intermedialität und Medienkonstellationen

Politische Kulturmagazine sind intermediale Objekte, das heißt sie verknüpfen verschiedene Zeichensysteme wie Schrift und Bild, und erzeugen dadurch bestimmte Wirkungen. Da sie heute nur in Medienkonstellationen aus Druck- und Digitalausgaben, Website und Social Media denkbar sind, haben sich ihre kommunikativen Möglichkeiten und intermedialen Elemente vervielfacht.

Aktuell erweitern viele Magazine ihr Angebot um Podcasts: Das Magazin Neue Gesellschaft/Frankfurter Hefte hat beispielsweise einen eigenen Podcast, dieser besteht jedoch nicht aus Gesprächen, sondern es werden ausgewählte Artikel aus der Printausgabe vertont:

Ähnliches sieht man auch bei der Zeitschrift W&F Wissenschaft und Frieden. Zu ihrem 40. Jubiläum fordern sie die Leser*innen und Redakteur*innen dazu auf ihre Lieblingsbeiträge zu vertonen. Die eingelesenen Beiträge werden dann als Podcast auf der Website veröffentlicht:

Die stetige Erweiterung der genutzten digitalen Medien neben der Druckausgabe führt zu zahlreichen Fragen, welche wir beantworten wollen: Welche Funktion übernehmen welche Medien für politische Kulturmagazine? Welche Wechselwirkungen zwischen gedruckter Ausgabe und digitalen Kanälen gibt es? Wirken digitale Kanäle auf die politische Meinungsbildung zurück? Oder wann sind digitale Kanäle Erfolgsfaktoren von Magazinen und wann nicht? Hierzu erfassen wir in unserer Datenbank neben den Druckausgaben derzeit auch alle digitalen Kanäle der Magazine und interpretieren diese im Zusammenhang mit Vertrieb, Marketing und Leser*innenkommunikation.

Politische Kulturmagazine sozialer Bewegungen

In den ersten Einblicken in unsere Analysen haben wir den Fokus vor allem auf die materiellen und visuellen Aspekte der einzelnen Ausgaben gelegt. Wir untersuchen aber natürlich auch inhaltliche Aspekte. Einige Merkmale, die für uns besonders interessant sind, können wir euch am Beispiel des politischen Kulturmagazins W&F Wissenschaft und Frieden zeigen:

Das politische Kulturmagazin ist eng mit der Friedensbewegung verknüpft und somit Teil eines politischen Projekts, bei dem Wissenschaftler*innen friedenswissenschaftlich und multidisziplinär zusammen arbeiten. Als Medium einer sozialen Bewegung informiert das Magazin nicht nur über politische Themen, es appelliert auch an Leser*innen selbst aktiv zu werden. Hierzu informiert es über Veranstaltungen und Initiativen und fordert zur Teilnahme auf. In Ausgabe 3/2009 wird z. B. auf eine Initiative gegen die Bundeswehr in Schulen aufmerksam gemacht:

Zudem hat die Ausgabe sogenannte blaue Seiten, auf denen über Initiativen und Projekte berichtet wird. Diese werden vorgestellt, es gibt Berichte über Tagungen und auch Einladungen zu Veranstaltungen. Hier wurde beispielsweise zu einer Fachtagung eingeladen:

Mehrere Stellungnahmen sind in der Ausgabe 2/2003 im beigelegten Dossier abgedruckt. Dieses entstand zusammen mit der Informationsstelle Wissenschaft und Frieden e. V. und beinhaltet verschiedene Stellungnahmen zum Irak-Krieg, bei denen sich verschiedene Organisationen dagegen aussprechen:

Bewegungsmagazine werden von uns somit als eine besondere Form politischer Kulturmagazine erfasst, die bestimmte inhaltliche Merkmale aufweisen oder politische Themen, Entwicklungen oder Ereignisse in bestimmter Weise inhaltlich verarbeiten.

Die von uns gesammelten materiellen, visuellen und inhaltlichen Aspekte der Magazine verdichten wir im nächsten Schritt zu sogenannten Frames, mit denen sich bestimmte Arten von Magazinen typisieren lassen.

Visuelle Veränderungen über die Jahre

Ein gutes Beispiel dafür, wie sich Gestaltungskonzepte von Zeitschriften über die Jahre verändern, ist das politische Kulturmagazin Neue Gesellschaft/Frankfurter Hefte. Hier sieht man wie sich das Cover von der Ausgabe 6/1995 über die Ausgabe 3/2001 bis hin zur Nummer 3/2022 verändert hat:

Aber auch die Seitengestaltung hat sich im Laufe der Jahre verändert. Im Jahr 2001, 2003 und 2008 gab es jeweils einen kompletten Relaunch der Gestaltung und ab 2018 wurde kein Spaltensatz mehr verwendet. Hier sieht man die Seitengestaltung in der Ausgabe 6/1995 (links) und Ausgabe 3/2022 (rechts):

Auch wenn sich einiges über die Jahre verändert hat, gibt es aber auch Bestandteile der Zeitschrift, die gleichgeblieben sind. Der Name hat sich in der Gestaltung zwar etwas verändert, ist jedoch weiterhin in roter Schrift gedruckt und das Format ist gleichgeblieben.

Veränderungen und Kontinuitäten in der Gestaltung politischer Kulturmagazine sind Indizien für Leser*innenansprache, Nutzung im Alltag, die Konkurrenz zu anderen Magazinen und Medien oder größere Veränderungen der politischen Kultur und tragen damit zur Beantwortung unserer Fragestellungen bei.

Kleiner Einblick in unsere ersten Analysen

Jetzt hat es doch ein wenig länger mit dem nächsten Update gedauert: Wir stecken gerade mitten in den ersten inhaltlichen Analysen der einzelnen Ausgaben und untersuchen deren materielle, visuelle und strukturelle Elemente. Wir haben auch ein paar Beispiele für euch, damit ihr euch besser vorstellen könnt, was für unsere Forschung besonders interessant ist.

Bei der Materialität betrachten wir unter anderem die Materialien, also zum Beispiel Papiersorten einer Ausgabe und deren Qualität, den Druck und die Bindung. Interessant sind auch einzelne materielle Besonderheiten, die Ausgabe 9/2019 der Zeitschrift Futurzwei hat z.B. eine gelbe Bauchbinde:

Visuell interessante Merkmale der Ausgaben sind unter anderem die Mikrotypografie, das Layout, das Design, die Fotografien oder die Relationen von Texten und Bildern. Das schon 2018 eingestellte Independent Magazin Kater Demos zeichnet sich zum Beispiel durch eine abwechslungsreiche Gestaltung und viele Fotografien aus. Die Fotografien und Grafiken werden z.T. auch allein auf einer Seite dargestellt und kommen dann ganz ohne Text aus:

Mit der Struktur untersuchen wir den Aufbau der Zeitschrift, also wie ihre einzelnen Inhalte zu einem größeren Ganzen werden und wie sich Leser*innen in der Ausgabe zurecht finden. Neben dem Inhaltsverzeichnis und der Paginierung interessieren uns vor allem die verschiedenen Peritexte zur Orientierung. Auch die einzelnen Beiträge werden von uns typisiert, beispielsweise hinsichtlich der Textsorte und Textlänge. Spannend sind auch die übergeordneten Themen und ob sich inhaltlich an der jeweiligen Medienagenda zum Zeitpunkt der Ausgabe orientiert wurde, also ob bestimmte aktuelle Ereignisse bei der Auswahl der Themen wichtig waren.

Daneben werfen wir einen Blick auf Werbung und Leserbriefe sowie auf die Art wie politische Personen, Parteien, andere Kulturmagazine oder politische Medien thematisiert werden. Viele Zeitschriften drucken zum Beispiel Leserbriefe ab, zum Teil auch diejenigen, die sie über die sozialen Medien erhalten haben. Dabei ist aufschlussreich, wo und wie diese dargestellt werden und ob auf diese in irgendeiner Art und Weise durch das Magazin und seine Mitarbeiter*innen Bezug genommen wird. In der Ausgabe 3/2016 von Kater Demos werden beispielsweise Leserbriefe abgedruckt, die das Magazin per Mail und über Facebook erhalten hat:

Diese ganzen Erkenntnisse tragen wir alle wie immer in unsere SQL-Datenbank ein, um sie am Schluss miteinander verknüpfen und interpretieren zu können.

Unser Buchscanner im Einsatz

Kurzes Update aus unserer Forschungsarbeit: Wir sind gerade dabei die Cover der einzelnen Zeitschriften mit unserem Buchscanner zu erfassen. Zudem scannen wir auch die Ausgaben ein, die wir nur über die Bibliothek ausleihen konnten. Nicht alle Ausgaben, die wir untersuchen wollen, sind bei den Verlagen noch verfügbar, deshalb greifen wir auch auf den Bestand der Universitätsbibliothek zurück. Damit ist der Analysekorpus so gut wie fertig.

Da nun die Grundlagen für unsere Forschungsarbeit geschaffen wurden, gehen wir als nächstes zu den Analysen über. Als erstes werden wir uns die Materialität, die Visualität und die strukturellen Elemente aller Objekte genauer anschauen. Dabei gibt es einige „Fundstücke“, die man so vielleicht eher weniger erwarten würde. Aber die zeigen wir dann im nächsten Post.