Zum 24.07.23 ist das Institut für Buchwissenschaft umgezogen und unser Projekt natürlich gleich mit. Die neuen Büroräume befinden sich jetzt in der Nürnberger Straße 71, 91052 Erlangen. Neben neuen Schreibtischen und Stühlen haben wir jetzt auch größere Fenster und besseren Stauraum für unsere Zeitschriften, eine deutliche Verbesserung also! Nachdem das mit einigem Aufwand verbunden war, können wir uns jetzt wieder mit unseren Zeitschriften beschäftigen: Wir haben begonnen die ersten Medienframes der einzelnen Magazine zu beschreiben und werden euch bald einige erste Ergebnisse vorstellen!
Intermedialität und Medienkonstellationen
Politische Kulturmagazine sind intermediale Objekte, das heißt sie verknüpfen verschiedene Zeichensysteme wie Schrift und Bild, und erzeugen dadurch bestimmte Wirkungen. Da sie heute nur in Medienkonstellationen aus Druck- und Digitalausgaben, Website und Social Media denkbar sind, haben sich ihre kommunikativen Möglichkeiten und intermedialen Elemente vervielfacht.
Aktuell erweitern viele Magazine ihr Angebot um Podcasts: Das Magazin Neue Gesellschaft/Frankfurter Hefte hat beispielsweise einen eigenen Podcast, dieser besteht jedoch nicht aus Gesprächen, sondern es werden ausgewählte Artikel aus der Printausgabe vertont:
Ähnliches sieht man auch bei der Zeitschrift W&F Wissenschaft und Frieden. Zu ihrem 40. Jubiläum fordern sie die Leser*innen und Redakteur*innen dazu auf ihre Lieblingsbeiträge zu vertonen. Die eingelesenen Beiträge werden dann als Podcast auf der Website veröffentlicht:
Die stetige Erweiterung der genutzten digitalen Medien neben der Druckausgabe führt zu zahlreichen Fragen, welche wir beantworten wollen: Welche Funktion übernehmen welche Medien für politische Kulturmagazine? Welche Wechselwirkungen zwischen gedruckter Ausgabe und digitalen Kanälen gibt es? Wirken digitale Kanäle auf die politische Meinungsbildung zurück? Oder wann sind digitale Kanäle Erfolgsfaktoren von Magazinen und wann nicht? Hierzu erfassen wir in unserer Datenbank neben den Druckausgaben derzeit auch alle digitalen Kanäle der Magazine und interpretieren diese im Zusammenhang mit Vertrieb, Marketing und Leser*innenkommunikation.
Politische Kulturmagazine sozialer Bewegungen
In den ersten Einblicken in unsere Analysen haben wir den Fokus vor allem auf die materiellen und visuellen Aspekte der einzelnen Ausgaben gelegt. Wir untersuchen aber natürlich auch inhaltliche Aspekte. Einige Merkmale, die für uns besonders interessant sind, können wir euch am Beispiel des politischen Kulturmagazins W&F Wissenschaft und Frieden zeigen:
Das politische Kulturmagazin ist eng mit der Friedensbewegung verknüpft und somit Teil eines politischen Projekts, bei dem Wissenschaftler*innen friedenswissenschaftlich und multidisziplinär zusammen arbeiten. Als Medium einer sozialen Bewegung informiert das Magazin nicht nur über politische Themen, es appelliert auch an Leser*innen selbst aktiv zu werden. Hierzu informiert es über Veranstaltungen und Initiativen und fordert zur Teilnahme auf. In Ausgabe 3/2009 wird z. B. auf eine Initiative gegen die Bundeswehr in Schulen aufmerksam gemacht:
Zudem hat die Ausgabe sogenannte blaue Seiten, auf denen über Initiativen und Projekte berichtet wird. Diese werden vorgestellt, es gibt Berichte über Tagungen und auch Einladungen zu Veranstaltungen. Hier wurde beispielsweise zu einer Fachtagung eingeladen:
Mehrere Stellungnahmen sind in der Ausgabe 2/2003 im beigelegten Dossier abgedruckt. Dieses entstand zusammen mit der Informationsstelle Wissenschaft und Frieden e. V. und beinhaltet verschiedene Stellungnahmen zum Irak-Krieg, bei denen sich verschiedene Organisationen dagegen aussprechen:
Bewegungsmagazine werden von uns somit als eine besondere Form politischer Kulturmagazine erfasst, die bestimmte inhaltliche Merkmale aufweisen oder politische Themen, Entwicklungen oder Ereignisse in bestimmter Weise inhaltlich verarbeiten.
Die von uns gesammelten materiellen, visuellen und inhaltlichen Aspekte der Magazine verdichten wir im nächsten Schritt zu sogenannten Frames, mit denen sich bestimmte Arten von Magazinen typisieren lassen.
Visuelle Veränderungen über die Jahre
Ein gutes Beispiel dafür, wie sich Gestaltungskonzepte von Zeitschriften über die Jahre verändern, ist das politische Kulturmagazin Neue Gesellschaft/Frankfurter Hefte. Hier sieht man wie sich das Cover von der Ausgabe 6/1995 über die Ausgabe 3/2001 bis hin zur Nummer 3/2022 verändert hat:
Aber auch die Seitengestaltung hat sich im Laufe der Jahre verändert. Im Jahr 2001, 2003 und 2008 gab es jeweils einen kompletten Relaunch der Gestaltung und ab 2018 wurde kein Spaltensatz mehr verwendet. Hier sieht man die Seitengestaltung in der Ausgabe 6/1995 (links) und Ausgabe 3/2022 (rechts):
Auch wenn sich einiges über die Jahre verändert hat, gibt es aber auch Bestandteile der Zeitschrift, die gleichgeblieben sind. Der Name hat sich in der Gestaltung zwar etwas verändert, ist jedoch weiterhin in roter Schrift gedruckt und das Format ist gleichgeblieben.
Veränderungen und Kontinuitäten in der Gestaltung politischer Kulturmagazine sind Indizien für Leser*innenansprache, Nutzung im Alltag, die Konkurrenz zu anderen Magazinen und Medien oder größere Veränderungen der politischen Kultur und tragen damit zur Beantwortung unserer Fragestellungen bei.
Kleiner Einblick in unsere ersten Analysen
Jetzt hat es doch ein wenig länger mit dem nächsten Update gedauert: Wir stecken gerade mitten in den ersten inhaltlichen Analysen der einzelnen Ausgaben und untersuchen deren materielle, visuelle und strukturelle Elemente. Wir haben auch ein paar Beispiele für euch, damit ihr euch besser vorstellen könnt, was für unsere Forschung besonders interessant ist.
Bei der Materialität betrachten wir unter anderem die Materialien, also zum Beispiel Papiersorten einer Ausgabe und deren Qualität, den Druck und die Bindung. Interessant sind auch einzelne materielle Besonderheiten, die Ausgabe 9/2019 der Zeitschrift Futurzwei hat z.B. eine gelbe Bauchbinde:
Visuell interessante Merkmale der Ausgaben sind unter anderem die Mikrotypografie, das Layout, das Design, die Fotografien oder die Relationen von Texten und Bildern. Das schon 2018 eingestellte Independent Magazin Kater Demos zeichnet sich zum Beispiel durch eine abwechslungsreiche Gestaltung und viele Fotografien aus. Die Fotografien und Grafiken werden z.T. auch allein auf einer Seite dargestellt und kommen dann ganz ohne Text aus:
Mit der Struktur untersuchen wir den Aufbau der Zeitschrift, also wie ihre einzelnen Inhalte zu einem größeren Ganzen werden und wie sich Leser*innen in der Ausgabe zurecht finden. Neben dem Inhaltsverzeichnis und der Paginierung interessieren uns vor allem die verschiedenen Peritexte zur Orientierung. Auch die einzelnen Beiträge werden von uns typisiert, beispielsweise hinsichtlich der Textsorte und Textlänge. Spannend sind auch die übergeordneten Themen und ob sich inhaltlich an der jeweiligen Medienagenda zum Zeitpunkt der Ausgabe orientiert wurde, also ob bestimmte aktuelle Ereignisse bei der Auswahl der Themen wichtig waren.
Daneben werfen wir einen Blick auf Werbung und Leserbriefe sowie auf die Art wie politische Personen, Parteien, andere Kulturmagazine oder politische Medien thematisiert werden. Viele Zeitschriften drucken zum Beispiel Leserbriefe ab, zum Teil auch diejenigen, die sie über die sozialen Medien erhalten haben. Dabei ist aufschlussreich, wo und wie diese dargestellt werden und ob auf diese in irgendeiner Art und Weise durch das Magazin und seine Mitarbeiter*innen Bezug genommen wird. In der Ausgabe 3/2016 von Kater Demos werden beispielsweise Leserbriefe abgedruckt, die das Magazin per Mail und über Facebook erhalten hat:
Diese ganzen Erkenntnisse tragen wir alle wie immer in unsere SQL-Datenbank ein, um sie am Schluss miteinander verknüpfen und interpretieren zu können.
Unser Buchscanner im Einsatz
Kurzes Update aus unserer Forschungsarbeit: Wir sind gerade dabei die Cover der einzelnen Zeitschriften mit unserem Buchscanner zu erfassen. Zudem scannen wir auch die Ausgaben ein, die wir nur über die Bibliothek ausleihen konnten. Nicht alle Ausgaben, die wir untersuchen wollen, sind bei den Verlagen noch verfügbar, deshalb greifen wir auch auf den Bestand der Universitätsbibliothek zurück. Damit ist der Analysekorpus so gut wie fertig.
Da nun die Grundlagen für unsere Forschungsarbeit geschaffen wurden, gehen wir als nächstes zu den Analysen über. Als erstes werden wir uns die Materialität, die Visualität und die strukturellen Elemente aller Objekte genauer anschauen. Dabei gibt es einige „Fundstücke“, die man so vielleicht eher weniger erwarten würde. Aber die zeigen wir dann im nächsten Post.
Vorbereitung der ersten Analysen
Unser kleines Archiv politischer Kulturmagazine wächst dank der Unterstützung der meisten Herausgeber der Magazine stetig. Die eingetroffenen Ausgaben werden inventarisiert und füllen inzwischen immer mehr Regalplatz aus.
Wir werden methodisch mit einer relationalen Datenbank arbeiten, das heißt wir erfassen sehr viele Aspekte der Magazine, ihrer Ausgaben und digitalen Präsenz kleinteilig in vielen unterschiedlichen Tabellen, um diese später für Interpretationen neu verknüpfen zu können. Dazu zählen materielle, visuelle und inhaltliche Aspekte genauso wie Erzählstrukturen, Emotionalisierungen und Selbstbilder.
Bevor wir damit jedoch loslegen können, muss eine SQL-Datenbank angelegt und jedes Magazin, jede Ausgabe und jedes digitale Objekt in seinen Eigenschaften eingepflegt werden. Hiermit waren wir die letzten Wochen beschäftigt, denn das benötigt viel Sorgfalt und damit viel Zeit. Eine Datenbank als Backend einer späteren Abfrage und Anzeige von Daten im Browser sieht übrigens bei weitem noch nicht so schick aus wie man das erwarten würde 🙂 :
Die Datenbank ist inzwischen fertig angelegt und wir haben knapp 40 Magazine und 180 Einzelausgaben über Titel, Nummern, Herausgeber, Erscheinungszeiträume, beteiligte Personen und vieles mehr erfasst. Diesen Grundstock werden wir über die gesamte Projektlaufzeit noch sukzessive erweitern.
Jetzt freuen wir uns auf die Weihnachtspause, um danach dann mit den ersten inhaltlichen Analysen loslegen zu können, zuerst werden wir uns die Materialität der Magazine und ihre Bedeutung für die Präsentation politischer Inhalte und die Leser*innen ansehen!
Wir wünschen allen Leser*innen unseres Blogs fröhliche Weihnachten und einen guten Rutsch ins neue Jahr! Weiter geht es ab dem 09.01.22 mit Einblicken in unsere Arbeit und erste Ergebnisse.
Die ersten Magazine sind da!
Recherchen, Kalkulationen und ganz viel Kommunikation haben sich gelohnt! Was da an Arbeit dahinter steht, sieht man vielleicht anhand dieses Ausschnitts der Beschaffungstabelle des Analysekorpus :D.
Welche Magazine sind drin und welche raus??
Wir hatten natürlich eine (glasklare) Vorstellung, welche politischen Kulturmagazine wir am Ende in unserem Projekt erfassen und untersuchen wollen. Leider ist wissenschaftlich nicht eindeutig definiert, was ein politisches Kulturmagazin eigentlich ist, deshalb ist bereits zur Erstellung des zugrunde liegenden Analysekorpus kreative Pionierarbeit gefragt:
Über Zeitschriftendefinitionen aus unterschiedlichen Disziplinen, materielle und gestalterische Eigenschaften, linguistische Merkmale, Themen und Inhalte und einigem mehr gilt es eine möglichst abgegrenzte Grundgesamtheit zu bilden. Erschwerend hinzu kommt weiterhin, dass viele politische Magazine Kleinstpublikationen sind, nur für kurze Zeit erscheinen oder öfter Titel, Herausgeber oder dahinter stehende Verlage wechseln.
Unser Analysekorpus umfasst Stand jetzt 80 verschiedene politische Kulturmagazine unterschiedlichster Art. Dies kann und wird sich aber im Verlauf des Projekts sicher noch ändern.
Und los geht’s!
Offizieller Projektstart und los geht es mit den Magazinen … denkt man.
Stattdessen wird erstmal der Projektraum geputzt, eine Bestandsaufnahme der Büroeinrichtung gemacht, zahlreiche Anträge an die Univerwaltung gestellt und jede Menge Bürokratie erledigt. Hilfskraftverträge, Büroausstattung, Technik und Finanzen müssen eben organisiert werden ;).
Am Ende steht aber zumindest ein fester Projektraum und die Heimat des Projekts, in dem nicht nur die Magazine genügend Platz haben, sondern in dem auch für drei Jahre gearbeitet werden kann!